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Text & Bilder: Rainer Friedmann 'Kraftrad' |
Vor gut einer Woche fand in Mailand traditionell eine der größten und
wichtigsten Motorradmessen statt – die EICMA. In diesem Jahr pilgerten laut
Veranstalter 628.000 Motorradbegeisterte über das 280.000 Quadratmeter große
Messegelände um Weltneuheiten für die kommende Saison zu bestaunen. Ihnen
wurde in diesem Jahr auch wirklich was geboten, denn die Zurückhaltung der Hersteller
fand endlich ein Ende! Man präsentiert wieder Hämmer, Bikes für die Ewigkeit,
Bikes die kein Mensch braucht aber jeder gerne hätte. |
So präsentierte
Honda mit ihrer RC213V-S den größten Hammer der Messe
– ein Marc Márquez Weltmeisterbike mit Straßenzulassung. Genauere
technische Daten oder gar einen offiziellen Preis gab es nicht,
was aber auch egal war, denn allein der Auftritt als Marc Márquez
auf die Bühne fuhr, den Helm abzog und ein paar heitere Kommentare
zu seinem Freizeitbike abgab, lies die Motorradherzen höher schlagen
und den HABENWILLTRIEB ausbrechen. Bei – wie man munkelt – gut 170.000
Euro wird aber wohl ein verstärkter Herzschlag das einzige sein
was bleibt. |
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Man kann sich natürlich mit einer anderen Marc Márquez Variante
vertrösten – der CBR1000RR Fireblade im #93-Repsol-Stil. Zwar nicht
die längst überfällige neue Fireblade, aber immerhin mal eine sehr
gelungene Farbkombination. Bleibt zu hoffen, dass Honda seinen alten
Produktzyklus wieder aufnimmt und 2016 eine komplett neue Fireblade
präsentieren wird. In der RC213V-S stecken auf jeden Fall viele
Elemente drin, die einer neuen Feuerklinge gut tun würde – selbst
ein V4! |
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Aber nicht nur für schön asphaltierte Straßen hatte Honda was
am Start, auf für´s Gelände stand ein Prototype auf der Messe. „Wollen
wir wetten?“ Das Ding wird sicher noch in 2015 auf den Namen Africa
Twin getauft werden. |
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Zurück zu den Hämmern!
Yamaha lies die Katze aus dem Sack und präsentierte die nächste
Generation der R1. Ein völlig neu entwickelter Hochleistungs-Supersportler,
der nun bei fahrfertigen 199Kg, 200PS aus dem Crossplane-Motor herausbringt
und kompromisslos die YZR-M1-Technologie auf unsere Straßen bringen wird.
„Tracer – äh, wie meinen?“ Ein neues Wort für Sporttourer und die MT-09
ABS Tracer. Neben der R1 eine weitere Neuheit bei Yamaha, mit der sie konsequent
die MT-Reihe erweitern und Bikes für den täglichen Gebrauch auf den Markt
bringen. |
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Und weiter geht´s mit schlagkräftigen Argumenten. 205PS und 145Nm bei vollgetankten
191Kg. Der stärkste Zweizylinder aller Zeiten – die Ducati 1299 Panigale.
Sicher eine der schönsten und emotionalsten Sportmaschine derzeit. Bei
ihrem Heimspiel präsentierte
Ducati aber nicht nur die erweiterte Panigale, sondern auch
eine neue Multistrada 1200. Dazu standen alle Varianten des neuen Scramblers
sowie die edle Diavel Titanium auf dem Messestand. Die Italiener machen´s
gerade absolut richtig und legen zur rechten Zeit technisch nach. Irgendwie
hat man das Gefühl, dass der Audi-Einfluss Wirkung und Nachhaltigkeit zeigt. |
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Die „Grünen“ hatten ja bereits auf der Intermot mit der Vorstellung
der
Kawasaki Ninja H2R den Hammer fallen gelassen. Hier
stand nun die 200PS Straßenvariante. Leider mussten einige wunderschöne
Details, wie zB. der Auspuff, unserer Straßenverkehrsordnung zum
Opfer fallen, trotzdem ein klasse Gerät. |
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BMW ging in Mailand etwas ruhiger zur Werke, hatten sie doch
auf der Intermot drei absolute Neuheiten präsentiert. Sie setzen aber ihre
durchdachte Modellpolitik mit zwei weiteren Neuheiten perfekt um. So stand
mit der S1000XR eine „gekreuzte“ Supersportlerin mit Enduro-Eigenschaften
und mit der F800R ein unkompliziertes Alltagsfahrzeug – schon irgendwie
beeindruckend, wenn man die ganze Produktpalette so sieht. Ebenfalls spannend
fand ich das umfangreiche Zubehörangebot direkt von BMW für fast alle Bikes
sowie die Bekleidungssparte. |
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Den Hammer bei
Suzuki suchte man vergeblich. Wirklich neues war nicht am Start
bzw. wurde bereits auf der Intermot präsentiert. Mit der GSX-S1000 und GSX-S1000F
schließt Suzuki auf jeden Fall eine große Lücke im Portfolio – leider viel
zu spät. Bleibt abzuwarten ob 2016 eine neue GSX-R1000 am Start steht und
zu altem Ruhm und Ehre der K5/K6-Zeiten gelangt. |
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Die Engländer zeigten neben der optimierten Street Triple Rx
gleich 4 neue Varianten der Tiger 800. So wird es 2015 eine XC,
XR, XCx und XRx geben. Die technischen Spielereien reichen vom abschaltbaren
ABS über programmierbare Drosselklappenkennfelder, Tempomat bis
hin zu unterschiedliche Fahrmodis. Optisch bleibt sich
Triumph hier treu und bietet somit wieder einen eigenständigen
und perfekt optimierten 3-Zylinder an. Für die Rocket III Fans wird
es im kommenden Jahr zum 10-Jährigen noch eine auf 500 Exemplare
limitierte Triumph Rocket X geben. Leider war es das aber auch schon
von der Insel. Die irgendwo längst überfällige neue Speed Triple
wird wohl noch ein Jahr warten müssen – schade! |
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Die Österreicher hatten in den letzten Jahren regelmäßig die Highlights
auf ihrer Seite. Somit konnte man es in Mattighofen 2015 etwas unspektakulärer
angehen lassen und mit der
KTM 1290 Super Adventure, 1050 Adventure sowie einer kleine
350 SX-F etwas für den Alltag präsentieren. |
Aprilia dagegen packte wieder einen Hammer aus und präsentierte
pünktlich zum überraschenden Superbike WM-Titel eine 201PS starke RSV4RR
und RF in sportlich edler Lackierung. Dazu gab es mit der Aprilia Tuono
V4 1100 ein weiteres mächtig starkes und brachial anmutendes Gerät. |
Brachial ging es bei
MV-Agusta nicht zu. Der Messestand war wie jedes Jahr schlicht
und stielvoll. Neben vielen Sondermodellen von bestehenden Bikes, stachen
die neue Stradale 800, Brutale 800RR und die Brutale 800 Dragster RR heraus.
Insbesondere die „normale“ Stradale deckt nun das sportliche Reisesegment
ab. Schaut man sich all die Geräte genauer an, so findet man wunderschöne
Formen mit Liebe zum Detail. Und nun noch die Kooperation mit Mercedes AMG
– wird sicher sehr interessant werden! |
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Neben den großen Publikumsmagneten, gab es aber noch weitere sehr schöne
Highlights. So präsentierte
Matchless mit einem 1916ccm V-Twin das Model X Reloaded – mächtiges
Gerät mit vielen Spielereien und Einstellmöglichkeiten. Spannungsgeladen
ging es bei
Energica ans Werk und so präsentierten der italienische Hersteller
von Elektro-Motorrädern das Modell Eva und erweitert seine Produktpalette
um einen Streetfighter, dessen Gene von der Evo nicht zu übersehen sind.
Reifentechnisch zeigte
Metzeler mit dem RacetecRR, wie in der neuen Saison Leistung
auf die Straße übertragen werden soll. Und um alles ordentlich steuern und
regeln zu können, bietet
Bosch bereits seit vielen Jahren ein innovatives ABS an, welches
nun auch in Kurven vollen Einsatz bringt. Inzwischen sprechen wir aber nicht
mehr nur von ABS, sondern von unzähligen kleinen Bauteilen und Helferlein
wie die Motorsteuerung, Stabilitätskontrolle oder Connectivity Control Units.
All dies macht unsere Fahrt mit dem Zweirad nicht nur sicherer, sondern
auch effektiver und vernetzter - Technik fürs Leben eben. |
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Nun kann der Winter also kommen und wir uns wie in den guten alten 90zigern
auf heiße Tests und weiteren Infos zu den Hämmern freuen. Waren die letzten
Jahre, gerade im Supersportsegmet grau und langweilig, so wird 2015 sicher
die Renaissance der Mega-Big-Bike-Tests gefeiert werden. Freu mich auf Leistungsdiagramme
deren Skale erst bei 150PS beginnt, Drehmomentkurven die einem schon beim
betrachten den Punsch ins Kreuz schlagen und Topspeed Angaben die nicht
bei unsinnigen 299Km/h Halt machen. Dies wird sicher in unserer Gesellschaft
wieder für größte Diskussionen sorgen, der Boulevard wird sich wieder einzelne
herausgreifen und eine Mega-Racer-Story draus basteln, aber auch dem möchte
ich mich stellen und zeigen, dass Sportbikes dieser Klasse die gleiche Daseinsberechtigung
haben wie andere. @Honda und Suzuki – legt 2016 bitte entsprechend nach! |