Erlebnisbericht von Simon (Peng)

 
Aufstieg und Fall
 
Wer bin ich? Was bin ich? Und noch viel wichtiger, WIE bin ich?
 
Der Reihe nach.....
 
Ich bin einer der unerschrockensten Supersportrecken den die ambitionierte Landstrassenheizerfraktion auf der Nordhalbkugel zur Verfügung hat. Zumindest meiner eigenen Einschätzung nach.
Was ich bin, ist schon schwerer zu umreißen. Man könnte sagen, Gutmensch mit Robin Hood Qualitäten, fleißiger Arbeitnehmer und seit dem 18. Geburtstag schwerstens mit dem Mopedvirus infiziert.
Wie ich bin, ist schnell beantwortet. Kurz und knapp, verlässlich und im Normalfall zu jeder Schandtat bereit, Hauptsache es macht ordentlich Spaß.
So ereignete sich im Jahre 1995 folgende Geschichte, die mich ein klein wenig traumatisch zurückließ und ab and an in albtraumhaften Nächten zurückkehrt...
Nachdem ich 1991, mit knapp 18, sämtliche PS Ausgaben eingesogen hatte war klar, ein richtiges Mörderteil musste her. Da Finanzen und Erfahrung Mangelware waren wie Bananen in der ehemaligen Ostzone, sollte es zum Anfang eine GSX 600F in knallrot werden. Sie wurde es. Das erste Mopedjahr konnte beginnen.

Ausgestattet mit wahnwitzigen 27 PS, Shoei Helm für 549 Mark und einer Menge Elan ging es los in Richtung Outlawdasein.

Für damalige Verhältnisse eine schier unglaublich brachiale Maschine, wen man bedenkt, das ich bis dato lediglich im 40 PS Polo durch die marode Republik kutschiert war.

Die ersten 1000km einfahren waren vorüber, dann ging es los mit richtig Dampf.

27 PS wollen erstmal unter Kontrolle gehalten werden, gerade in diesem Alter, wo selbst Pickel ausdrücken schon als echte Herausforderung daherschleicht.
Nach ca. 8000km mit 27 Horsepowern, etlichen Mopedzeitschriften die flux beim morgendlichen Stuhlgang durchgearbeitet wurden war 1992 klar, wie die Zukunft aussehen sollte. Rosig sollte sie sein..

Inzwischen mit twintowerhohem Selbstvertrauen ausgestattet kristallisierte sich ein Moped ganz eindeutig heraus.

Eine CBR 900RR Fireblade, Bj.93, ihreszeichen in schwarz-bunt gehalten.
"Yes Brothas, die isses!!!!"
Leider stand, mit inzwischen schon 19 Lenzen, erforderliches Bargeld in kleinen, nicht nummerierten Scheinen nicht ausreichend zur Verfügung. Diesem Umstand war es zu verdanken, das das Vorhaben „schwäbischer Mick Doohan für angehende 1%-er“ erstmal auf Wasser in gefrorenem Zustand, sprich Eis, gelegt wurde.
Glücklicherweise gibt es ja Eltern, die sich bei der Geburt so unendlich freuen, das sie völlig schmerzbefreit horrende Summen für Ihren Sprößling anlegen, damit dieser damit irgendwann sinnvoll seine Zukunft gestalten kann...
So auch bei mir.
Allerdings war ich mir dann Anfang des Jahres 1993 nicht wirklich sicher, ob mein Entschluß, das mühsam gesparte Bündel Banknoten dazu zu verwenden, eine solche Bodenflugrakete zu erwerben, tatsächlich zu Freudensprüngen seitens der Erziehungsberechtigten führen würde.
Ich sags gleich, meine Zweifel waren durchaus angebracht, schlußendlich aber zwecklos, da die Kohle bereits beim Händler auf dem Tisch lag und dieser sich wohl sofort nach Brasilien abgesetzt hatte. Da war nix mehr zu holen.
Die GSX in Zahlung gegeben, meine Altersvorsorge binnen Sekunden verprasst, wartete ich auf den schönen Tag Anfang März 1993 um mit meinem 1A Führerschein endlich über die Strenge schlagen zu dürfen.
Da kam er nun, der schöne März...
Die Fireblade, das weiß jeder, war bei Neuerscheinung ein Paukenschlag in Kennerkreisen. Fahrfertig knapp über 200kg, 120+ PS und optisch ein Hammer. Alle stolzen GSXR, FZR und ZXR Piloten hatten ab nun das nachsehen und Das wussten sie...
Meine Zeit war gekommen.
Die erste Phase verlief relativ unspektakülär, lockeres einfahren und vertrautmachen mit dem Arbeitsgerät. Ab und an einen der alten Generation aufgrund besseren Arbeitsmaterials in seelische Krisen stürzen und am eigenen Fahrstil feilen, wie Azubis am U-Stahl.

Damals hielten Reifen noch 6000km, so daß es möglich war, diese nur bei der handbuchgemäßen Inspektion zu wechseln. Undenkbar inzwischen, aber wem sag ich das.

Nachdem nun die ersten zwei Saisonen ohne Zwischenfälle verlaufen waren, kam das Jahr 1995. Inzwischen war ich ja nach gelaufenen 19000km ein echter Könner, zumindest kommt man sich so vor. Pickel gab es keine mehr zu verarzten, Mädels wurden inzwischen auch reihenweise vor der örtliche Stracciatella Bude klargemacht und mopedmäßig war eh Bundesliga...was konnte mir also noch passieren?! Es gibt Leute auf der Sonnenseite und die anderen. Ich zählte mich zu denen mit Sonnencreme in der Hand.
Das es im Leben von selbsternannten Superhelden auf Krädern auch Schattenseiten gibt, sollte mir unmissverständlich vor Augen geführt werden.
Es war wie immer ein schöner Mopedtag gewesen. Gepflegt mit den Kumpels aus Schultagen den Black Forest unsicher gemacht, hier und da mit den Rasten aufgesetzt, Endtöpfe angeschliffen, unmengen oldschool Supersportheinis in knallbunten Lederkombis versägt und jeglichen Geschwindigkeits-empfehlungen wiedersetzt. Outlaw eben...
Nachdem das immernoch schönste Superbike aller Zeiten an der Aral meines Vertrauens mit neuem Lebenssaft befüllt war und die Nacht nahte, wollte ich nach all dem Kurvengeschlängel mal dezent über die A8 Richtung Flughafen brettern und jeden dermaßen verheizen, das selbst Kevin Schwantz seinen Nachnamen eingezogen hätte.
Gesagt, getan.
Volles Brett mit dem Quadratschädel auf dem Tank, Polizei im Nacken und Puff in Sicht erreichte ich die AB.
„Spiegel brauch ich nich, wozu auch, von hinten kommt nix“
Die ersten Schleicher auf der offenen Linken locker im Abgasstrahl verglühen lassend, bahnte ich mir meinen pubertären Weg zum immaginären Sieg.
„Da, ein SL 500 mit 240 auf meiner Spur, wo gibts denn sowas?!“
Blinker links, im Windschatten ansaugen und knapp dran vorbei Remussen. So muss das sein.
Herrlich, läuft !!
„Ok, schau ich mal spaßhalber in den Spiegel, vielleicht kommt ja was...höhöhö“
„Hä, was sind denn das für Minilichter am rückwärtigen Horizont“ ?
„Egal, irgendwer, hab ich vorher übersehen, war einfach zu schnell“
Weiter gehts mit Tachoanschlag, 6. voll raus, bergab, schneller gehts nicht. Ca. 285 – 295 lt. Lügenbarometer.
Ein nochmaliger Blick in den Rückspiegel ließ mich dann erschaudern. Die ehemals kleinen Lichter Lichtjahre hinter mir, waren nun bis auf wenige Sandkörner an mir dran.
„Das kann doch gar nicht wahr sein“ „Hallo, ich fahr die geilste Mopete seit Menschengedenken, breche hier einen Rekord nach dem anderen und dann blinkt mich hier einer frech links an...“
Nun wirklich alle Segelohren anlegend, Spiegel komplett eingeklappt, Arsch nach hinten und den Hahn bis zum zerreißen gespannt, wollte ich mich nicht beugen....
Mein erstes Zugeständniss war das wechseln von der linken auf die mittlere Spur, aber vom Gas geh ich nicht, Freunde der Südsee.

Immernoch volle Lotte 10 Liter die Minute verbrauchend, setzte ich alles auf eine Karte.

Im Kartenspielen war ich allerdings schon immer der Arsch. Und heute sollte sich das nicht ändern...
Im Augenwinkel sah ich nur noch was flaches, gelbes und extrem schnelles an mir vorbeiziehen. Ein Lotus-Esprit-Turbo-hastenichgesehen gab mich der Lächerlichkeit Preis, ließ mein selbstaufgebautes Bild binnen Sekunden ins Bodenlose rutschen und bescherte mir eine der herbsten motorsportlichen Niederlagen in meiner jungen, aber ambitionierten und, das möchte ich erwähnen, aussichtsreichen Karriere.
Nach mehr als kläglichen Versuchen sämtliche Physikalitäten auszuschöpfen um dranzubleiben, richtete ich meinen geschundenen Leib in den Wind, ließ es langsam ausrollen, fuhr an der nächsten Abfahrt raus, hielt an und rauchte eine der in der Zwischenzeit schon mehrfach konsumierten Frustzigaretten.
„Ganz übel versägt worden und dann auch noch von ‚nem Auto...“ „Ich bin unwürdig..“
Nachdem ich mich dann gefangen hatte und das seelische Gleichgewicht einigermaßen wiederhergestellt war, fühlte ich mich fähig, die Heimreise anzutreten. Über die selbe Autobahn ging es zurück nach Hause...
Meine treue Blade verfrachtete ich in die Garage, entschuldigte mich für die Schmach die ich uns beschert hatte und stolperte wie ein geschlagener Welpe ins Haus.
„Nee, will nich reden, bin müde, ich geh ins Bett...“
Nach einer unruhigen Nacht, jeder menge Erklärungsversuchen und weiteren Frustziggis nahm ich mein Schicksal an, schwor mir aber zugleich, so ein Duell in Zukunft mit unerklärlichen technischen Problemen schon im Vorfeld zu vermeiden...
Seither sind etliche Jahre und km ins Süddeutsche Land gegangen, die Blade ist mir immer noch mehr als treu und ich habe inzwischen schon etliche „Siege“ auf unterschiedlichem Terrain eingefahren, allerdings auch kleine Rückschläge bezüglich der Performance hinnehmen müssen.
Ach ja, Autobahn fahr ich zwischenzeitlich wesentlich seltener, macht ja auch keinen Spaß ;o)
Passt auf euch auf Fellows und allzeit frohes superbiken
 
Grüßle

Peng und Lektion

 

Wichtige Links:

Danke an Honda Motor Europe (North) GmbH!

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