Erlebnisbericht von Rudi (rudi60)

 
Jagdfieber
 
In meinem Bauch wütet eine ganzer Ameisenhaufen. Ich komme gerade vom WC und sehe meine gute alte SC28 da stehen , vollgetankt und der Motor schon warmgelaufen. Nach dem Öl werde ich noch mal schauen , obwohl ich das wahrscheinlich erst kurz vorher gemacht habe. In 5 Minuten müsste es soweit sein . Noch einmal schnell aufs WC.
Es ist soweit, jetzt setzt sich der eine und andere schon mal den Helm auf , ich habe ihn schon so lange auf , dass mir schon der Schwitz über die Stirn rinnt. So langsam kommen einige Motorräder herbei und stellen sich zu einen Rudel zusammen. Mein Boxennachbar zieht gerade die Heizdecken von den Sliks . Schon alleine seine aggresiv gespritzte Rennverkleidung mit den vielen Aufklebern sieht so aus als ob diese R1 im Stand schon schneller ist als meine 12 Jahre ältere CBR in voller Fahrt . Aber wenn ich dann noch die angeschliffenen Knieschleifer des Fahrers sehe , denke ich dass es wirklich keine gute Idee von meinen Freund war mich in die mittlere Kategorie einzuschreiben.
Die Ampel wird grün. Einzeln dürfen die Motorräder auf die Strecke. Eigentlich müsste ich mal aufs Kloo , aber jetzt bin ich an der Reihe.
Die Zielgerade hinunter, eine Schikane, dann leichte Rechtskurve bis zur Kehre. Vollgas der unendlich langen Linkskurve , oder sagt man hier besser Linksgeraden , bis zur schnellen Rechts die mein Freund mit der Tuono vollgas fährt . Ganz kurze Gerade zur Kehre , danach kurz Gas bis zur spitzen Links die sofort in eine schön langgezogenen Rechts übergeht. Die Linkskurve vor der Zielgeraden geht ja schon ganz flott. Dann natürlich wieder Vollgas , schliesslich stehen neben der Zielgeraden mehrere Zuschauer und die darf man nicht endtäuschen . Mal kurz hinschauen ob sie mir wohl zuschauen. Kaum schaue ich wieder nach vorne fliegt schon die Schikane mit einen Affenzahn auf mich zu . Schnell auf die Bremse , ob es sich noch ausgeht ? Oooooohhhhhh , das Hinterad fängt an zu schlenkern . Dieses Gefühl kenne ich zwar schon vom Stilfserjoch fahren , aber die Geschwindigkeit ist doch etwas anders. So schnell ist mir noch nie eine Kurve entgegengekommen und ich sehe mich schon in der Wiese . Die vordere Bremse verzögert die Geschwindigkeit so perfekt wie ich es auf der Strasse noch nie erfahren habe, deshalb probiere ich die Kurve trotzdem noch zu schaffen. Bremsen loslassen und Zähne zusammenzubeissen.. Die Linie ist zwar verpatzt, aber ich habe es geschafft auf dem Asphalt zu bleiben. Mein Herz klopft als ob es kaltes Eisen schmieden müsste. Nach wenigen runden ist der Vorfall fast vergessen und ich fühle mich schon puddelwohl. Ich glaube mein Grinsen reicht vom Einen Ohr zum Anderen , obwohl ich keinen lidschlag an Konzentration auslasse.
Ich sehe weit vor mir ein anderes Motorrad. Wie ein Magnet zieht mich der Andere an , ein bisschen später bremsen, ein bisschen früher Gas geben und manchmal sogar ein wenig die Zähne zusammenbeissen. Die Fussrasten kratzen schon fast in jeder Kurve. Der Andere ist wie ein rotes Tuch und wird immer grösser und röter je näher ich komme. Richtiges Jagdfieber kommt in mir auf . Ich erkenne den Anderen als meinen Boxennachbar. Tatsächlich schleift seine Knie die ganze Kehre durch und meines ist sicher einen Meter vom Boden weg . Am Kurvenausgang bin ich schon im Windschatten der R1 . Verkrampft halte ich mich am Lenker fest, als ob das mehr Vorschub brächte. Der Gashebel ist schon lange am Anschlag und die Nadel vom Tourenzähler ist schon wieder fast aus dem roten Bereich herausen , allerdings nach oben. Tacho : 250 . Plötzlich kommt das Motorrad näher , er hat früher gebremst als ich wollte. Ob es ausgeht ihn zu Überholen? Wenn ich nicht weit genug nach vorne komme dass er mich sieht, dann knallt er vor mir die Tür zu . Ich riskiere es und ziehe innen an ihn vorbei. Das kratzen der Fussrasten und das klopfen meines Herzes ergeben schon fast eine Synfonie mit Trommelwirbel, als noch ein zusätzliches dumpfes Kratzgeräusch dazukommt. Ob Mozart auch Motorrad fuhr?
Ich habe es tatsächlich geschafft die schnelle R1 mit den Sliks und dem Knieschleifer zu Überholen. Eben Honda , obwohl jetzt ein Stück Auspufftopf weggekratzt ist und jetzt ein schöner Aluminiumstrich die Kurve ziert.
Heilfroh, sobald ich die karierte Fahne sehe, denn meine Kraft war mehr als aufgebraucht.
Mit zitternden Händen trinke ich fast einen Liter Wasser. Der ganze Körper zittert aber das Grinsen blieb nicht aus. Müde, körperlich fertig aber mit einem selten grossen Glücksgefühl liege ich im Liegestuhl.
Doch bald kommt schon ein Schatten auf und das Grinsen verschwindet.
Wann darf ich wieder auf die Strecke?
 

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Danke an Honda Motor Europe (North) GmbH!

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