Erlebnisbericht von Mario (Holyhax)

 
Mein erstes Mal
 
Es gibt nicht immer ein ERSTES MAL, aber der Reihe nach....
Die Moped Karrerie begann ich eigentlich ganz früh, so mit 8 Jahren. Mein Vater setzte mich auf eine YZ80 Mittelrad Moto Cross. Kann mich noch gut erinnern, wie mir diese Knatterkiste doch ziemlich Angst machte, was ich aber natürlich nicht zeigte.
„Du musst die Kupplung langsam kommen lassen und bisschen Gas geben“, sagte er. Das tat ich auch, funktionierte aber nicht! „Mehr Gaaaas!“ Ok, es funktionierte, allerdings nicht lange, denn nach paar Meter durchdrehenden Hinterrads, sprang mir der Lenker fast ins Gesicht, ich landete auf meinem Hintern. Ein halbes Jahr später faste ich wieder Mut (und das hintere Schutzblech war inzwischen wieder repariert), von nun an war ich einem Motor zwischen 2 Rädern süchtig, Autos interessierten nicht mehr.
Nach einigen Jahren wechselreichen Mopedlebens, mit teils derben Tiefen..., kaufte ich mir eine verunfallte SC 28, eine M-design Verkleidung war auch schon drauf, also habe ich die Kiste dann 2 Jahre lang hergerichtet, und bisschen optimiert, denn tunen macht ja Spaß.
Da ich jetzt schon an die 30 Jahre alt war, ne neue Freundin hatte, und selbst schon einige „Ersatzteile“ nach paar Unfällen benötigte, überlegte ich mir doch mal die Rennstrecke auszuprobieren. Schweineteuer das ganze aber! Wie es der Zufall aber wollte, las ich im Fireblade -forum eine Anzeige, in welcher jemand ein Speedweekend Ticket für 90.- Euro verkaufte. Kurz telefoniert, alles klar, ich fahr also mit Ingo (so hieß der jemand) irgendwo hin nach Ungarn.
Schon seltsam, da hatte ich nun mein „Blind Date“ mit Ingo, holte ihn in meinem geliehenen Sprinter ab, und wir haben uns von Anfang an gut verstanden. Er erzählte mir von seinem bisherigen Erfahrungen am Ring, und faselte irgendwas von Rennreifen, welche für auf dem Ring notwenig wären - So ein Schmarren, wenn ich auf der Straße keine Rennreifen brauche, wozu dann am Ring? Vor allem, ich wollte den „Grenzbereich“ ja austesten, und auf der Straße hab ich auch keine Rennreifen. Jaja, dazu später aber mehr.
Wir fuhren also gegen 18:00 Uhr abends von München Richtung Hungaroring Ungarn, und kamen gegen 3:00 Uhr Morgens an, der Schlaf viel also dementsprechend kurz aus!
Am nächsten morgen war ich jedoch hellwach, und voller Tatendrang. Noch vor der Steckenbesichtigung fand ein Turn „Freies Fahren“ statt, da wollte ich natürlich gleich mal mit!
Ingo sagte nur, „ lass es, da sind zu viele draußen, und die ganzen verrückten mit dabei, guck dir erst mal die Strecke bei der Besichtigung an.“
Ich stand jetzt schon unter extremen Adrenalin! Kennt ihr das, wenn ihr am ganzen Körper zittert? Ich beobachtete vom Fahrerlager aus die Stecke, und sah den ersten Fahrern zu. Langsam wurde es mir ziemlich mulmig. Als die ersten die Start Zielgerade runterdonnerten, und es im gesamten bebte das Fahrerlager und es halte von den Tribünen zurück. Das alles beeindruckte mich doch tief!
So, Steckenbesichtigung – es wird ernst. Bzw. eigentlich wusste ich nun nicht mehr ob ich nur aufgeregt war, oder einen riesen Bammel hatte! Als ich dann dort in der Boxengasse mit den ganzen anderen „Rennmopeds“ stand, wollte ich eigentlich nur noch nach Hause. Aber wie damals, bei meinem „Ersten Mal“ - keine Angst zeigen und durch!
Wir fuhren auf die Strecke raus, und ich hatte selbst bei der langsamen Geschwindigkeit „Lenkerschlagen“, wobei das nicht das Moped verursachte, sonder von mir selbst...
Da sich einige zurückfallen haben lassen, um wieder zu beschleunigen, war der Speed für mich anfangs doch recht hoch! Ich dachte nur, „Ja sind die blöd? Ich rutsch gleich weg (oh gott, muss ich heute bei der Erinnerung grinsen)!“
Ich kam also zurück, und war fertig. Die ganzen neuen Eindrücke musste ich zunächst verdauen. Jetzt hatte ich Pause, denn meine Gruppe die Anfänger, fuhren erst in einer Stunde wieder raus.
Meine Motorradwelt hatte aber ziemlich Schlagseite bekommen. Das gibt’s doch nicht, ich bin doch so ein schneller und guter Fahrer! – Was mach ich hier eigentlich?
Die Stunde war um und ich stand wieder in der Boxengasse. Diesmal war’s nicht mehr ganz so schlimm! auch die ersten beiden Runden wurde langsamer als zuvor in der Einführungsrunde gefahren. Wie Geil, mit den ganzen anderen Mopeds auf der Strecke unterwegs zu sein, keine Bedenken wegen der Geschwindigkeit haben zu müssen, und es mal so richtig krachen zu lassen.
Nach ca. 3 Runden fing ich an mich wohler zu fühlen. Einzig mit der breiten Stecke kam ich noch gar nicht zurecht, aber ich versuchte nun auch den Hangoff zu fahren. links ging es ja ganz gut, aber bei den Rechtskurven... autsch, da drückte meine Prothese doch sehr in die Kniekehle. Ja, eine Erinnerung an einen Unfall mit 19 Jahren.
Nachdem mein Turn nun zuende war, setze ich mich auf die Ladefläche des Sprinters, und begann meine Prothese mit der Feile zu bearbeiten. Nach einiger Zeit bemerkten dies auch einige umliegende Fahrer. „Ja sog amoi, woas treibst du da? ja eh kloar, schau den andern oh, der is ja voi krass, schleift an sein Holzhax´n rum!“ Nachdem ich kurz erklärte worum es geht, wurde mir flux ein Bohrmaschine mit Schleifausätzen gebracht.
Ab jetzt war ich bekannt wie ein bunter Hund, die Typen dort sind alle so genial drauf, schnell wurden Gespräche geführt, Tipps gegeben und das Fahrwerk meiner Fireblade eingestellt! Jetzt fühlte ich mich mittlerweile sauwohl! In den nächsten Turns wurde ich immer schneller und sicherer. Das Knie schleifte jedoch immer noch nicht, und ich ging zu den Instruktoren von Honda Austria, und wollte wissen was ich da machen muss! Seltsam, plötzlich grinsten alle, und sagten, „das kommt schon, lass dir Zeit!“
Gegen abends gab’s wieder ein freies Fahren aller Gruppen, und Manfred (einer der Semipro´s) versprach mir, er gibt mir einen Instruktor Turn. „bleib dicht an mir dran, lass dich nicht zurückfallen, beschleunige nur da wo ich beschleunige, und bremse dort wo ich bremse. Ich fahre nur ca. 70% und so dass ich kaum bremse!“ So seine Worte Ich sage euch, das ist gar nicht so einfach, nur mit ca. 2 Meter Abstand mit 200 Km/h die Start – Zielgerade herunter zu brettern! Einfach Krass. Aber Manfred machte es wirklich gut, fuhr anfangs langsam, und wurde schneller, ich bekam abermals Angst, als er auf eine Kurve zu fuhr, welche ich sonst im 2. Gang gefahren bin, diesmal hatte ich aber den 4. drin, ich dachte nur, das geht nie gut, gleich haut es mich aufs Maul. Aber ich muss ja dranbleiben. Wie war dass ? Keine Angst zeigen und durch! Als wir durch die Kurve fuhren dachte ich, ich falle um, noch nie zuvor fuhr ich so schräg, und plötzlich erschrak ich so sehr, dass es mich fast vom moped gehauen hätte. Mein Kniepad setzte auf! Was für ein unbeschreibliches Gefühl. Erinnerte mich an den ersten SEX! Wir fuhren noch 2 Runden, und hatte noch paar mal Bodenkontakt, dann fuhr ich raus, musste mich beruhigen! Welch eine Euphorie!
Der Tag war vorbei, ich total von den Eindrücken geplättet , und konnte nicht einmal was essen. Abends saß man noch zusammen, was hab ich dabei gelacht. Man verstand sich blendend! Um 23:00 legte ich mich allerdings schlafen, und träumte von dem Gefühl wie der Kniepad über den Asphalt schrabbelt.
Am nächsten Morgen war ich wieder voll auf, Energie und Motivation ohne Ende! Beim Fahren ging plötzlich alles so kinderleicht! Knieschleifen wurde nun schon zu Routine, und irgendwie standen mir nun alle in meiner Gruppe im Weg. Ich wollte raus aus der Anfänger Gruppe und rein in die Fortgeschrittene. Einer meiner „Nachbarn“ welcher sich in der Profigruppe bewegte, legte sich böse ab, und kam zu mir „ geh hörst, kannst mei Pickerl ham! Bist eh scho ganz flott unterwegs, fahrst halt bei uns mit.“ Ne, das war mir dann doch zu krass! Ich ging wieder zu Honda Austria, bat dort um eine Platzierung in der mittleren Gruppe, doch die war so überfüllt, und eigentlich nichts frei. Doch sie transferierten ein paar in die Profigruppe, und ich durfte fortan in der Fortgeschrittenen mitfahren.
Hier war es doch etwas anders, der Speed passte ganz gut, jedoch wurde mir meine Motivation bald zum Verhängnis!
Nach den beiden Aufwärmrunden, hatte ich immer mehr spaß, mein Vertrauen ins Moped war schier grenzenlos. Das alles hier hatte nichts mit dem Motorradfahren zu tun, wie ich es von der Straße her kannte. Es ging extrem flüssig voran, keine Gedanken an irgendwelchen Straßenverkehr, nur die Strecke mein Moped und ich. Konditionell war ich mehr am Limit als es mein Bike bis jetzt je war, Rennstecken fahren bedeutete Arbeit, und zwar richtig. Das bezaubernde aber ist die Fahrdynamik.
Du fliegst über die Strecke, der Speed ungewohnt hoch, gerade bei Wechselkurven ist es mir so vorgekommen als wäre ich nicht mehr auf einem Motorrad fahren, sondern würde im Tiefflug mit einem Jagdflugzeug die Stecke überfliegen.
Vor mir eine VTR, wir fuhren auf die Schikane zu, ich lag schon 2 Runden hinter ihm, und wusste seine Stärken, Schwächen. Beim Anbremsen, überholte ich die VTR, legte links, rechts um, beschleunigte mit Vollast und einen schönen Wheelie aus der Schikane.
Die nächsten Kurven flutschten nur so, es fühlte sich einfach göttlich an, mit einer schier unumstößlicher Sicherheit! Bei der 180 Grad rechts vor der Start und Zielgerade fing das Hinterrad an zu schmieren, und ging in einen schönen Drift über. Ich konnte das richtig geil mit dem Gas steuern!
Da waren sie, diese phänomenalen Glücksgefühle!
Auf der Start Ziel zogen 2 SC57 an mir vorbei, ja hier hat die SC 28 einfach ihre Grenzen.
Die Fahrt hatte schon fast etwas märchenhaftes, doch was war das in der rechts vor der Schikane? Drückte sich innen eine weitere SC 57 durch – das geht nicht! Ich zog bisschen am Kabel, war eh schon hinter dem Kurven Scheitel. Nur wo ist auf einmal mein Moped geblieben. Ach da, ca. 2 Meter vor mir!? Da sollte es nicht sein! Ok, jetzt hatte ich es übertrieben. Ich guckte meiner Blade zu wie sie staubend vor mir her schlitterte. Scheinbar hatte das Hinterrad noch etwas Bodenkontakt, denn von dort stieg blauer Qualm auf. Mein armes Eisen, wie mich das gerade ärgert. Vielleicht hatte Ingo ja recht, und meine 3 Jahre alten Metzler Sportec M1 sind nicht wirklich für die Strecke geeignet.
Dabei gaben sie mir doch so ein sicheres Gefühl, und plötzlich, ohne jede Vorankündigung war er weg, der Grip! Aber ich hatte Glück, außer paar Schürfwunden an der Verkleidung und einer Delle im Endtopf hat die Blade keinen Schaden genommen.

Und bei mir? Mein Ego hat es erwischt, und mein schier grenzenloses Selbstvertrauen. Aber das ist auch gut so. Nach kleinerer Reparatur konnte ich sogar noch die restlichen Turns zu Ende fahren.
Sein erstes Mal vergisst man nie – seit 2006 bin ich nun jedes Jahr auf der Strecke, sowie es die Zeit und das Budget erlaubt auch mehrmals. Ich versuche auch auf anderen Rennstecken zu fahren, aber der Hungaroring, den fahre ich seither jedes Jahr!
Mittlerweile haben sich richtige Freundschaften mit den Stammteilnehmern des Honda Speedweekend entwickelt, und ich freue mich schon wieder sehr darauf sie zu sehen.
Es ist als würde man sich schon ewig kennen, auch wenn es reell gesehen nur ein paar Tage des Kennen´s sind. Fast wie bei einer großen Familie!
Leider ist nun die Saison vorbei, bisher halten die Vorsätze noch an, etwas Gewichtstuning am Fahrer, Leistungstuning an der Kondition. Mich wundert eigentlich nur, dass die meisten Euphorien schon bald verblassen, die Faszination Rennstrecke hält mich aber nach wie vor gebannt. Ich denke diese Fußfessel werde ich nicht mehr Los. Ob ich wohl ein schlechter Mensch bin, da ich als bekennender Junkie dieses Jahr einen Freund mit in den Strudel gezogen habe und wir fortan unser „ Leid“ teilen?
Am Panring dieses Jahr saßen meine Kumpels und ich abends zusammen, wir jammerten über das heiße Wetter, wie jeder so seine Probleme damit hatte. Ich hab mir auch noch einen kräftigen Sonnenbrand zugezogen. (Danke an den Österreichischen Forumsapotheker für den Sunblocker!) Wir sinnierten darüber, dass wenn wir hierfür Geld bekämen wir uns bei der Gewerkschaft über diese unmenschlichen Arbeitsbedingungen beschweren würden...
Ich freue mich schon wieder so sehr auf die nächste Saison, wenn es nur nicht so lange dauern würde.
 

Wichtige Links:

Danke an Honda Motor Europe (North) GmbH!

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