Erlebnisbericht von Heidrun (Trunix)

 
Das Pfeifferl
 
Der Tag der Abfahrt an den Gardasee. Wie immer vor dem Urlaub hatte es ein zähes Ringen um die Gepäckaufnahmekapazitäten der Fireblade und meiner Honda VFR800 gegeben.
Und wie jedes Mal kam das fassungslose: „Was?!?!? Das alles willst Du mitnehmen??“ vom männlichen Teil des reisewilligen Paares. „Wieso? Ich hab doch fast nix dabei!“ war darauf meine weibliche Standardantwort.
Nachdem einige Stücke meiner Urlaubsausstattung einer sogenannten „Optimierung“ zum Opfer gefallen war, wurde der überwiegende Teil des noch vorhandenen Gepäcks auf der VFR verzurrt, denn eine Fireblade ist ja weniger zum Transport diverser Packteile als vielmehr zum Fahren gedacht. Allein schon wegen der Optik.
Nach diesem alljährlichen Urlaubs-Anfangs-Scharmützel ging es dann los. Bei bestem Wetter und dann doch noch gut gelaunt waren wir auf der Autobahn kurz vor München, als wir plötzlich Gesellschaft bekamen.
Zwei Motorradfahrer hatten sich an uns gehängt, nach wenigen Sekunden war einer davon auch schon vor uns. Wir hatten eine Eskorte bekommen, die uns unmissverständlich zum Folgen aufforderte.
Sicherlich hatten wir den Verkehr bislang nicht gerade durch Schleichfahrt behindert, doch so schnell war es jetzt doch auch nicht gewesen, oder? Nein, zu schnell nicht, aber….....
An der nächsten Ausfahrt verließ unsere kleine Karawane die Autobahn. Beim Rotlicht der ersten Ampelkreuzung stieg einer der beiden Motorradfahrer ab und gab uns die Anweisung: „Hier biegen’s links ab und stellen die Maschinen an den Strassenrand!“
Dort angekommen, machten sich die Herren mit uns bekannt: „Grüß Gott, Autobahnpolizei München, Polizeioberwachtmeister Katz mein Name, das ist mein Kollege Herr Meisner. Bitte Ihren Führerschein und die Fahrzeugpapiere!“ (Namen natürlich geändert!)
In amerikanischen Filmen ist das jetzt der Moment, in dem der Police Officer langsam den soeben auf dem einsamen Highway gestoppten Wagen umkreist und mit gefährlicher Gelassenheit das defekte Rücklicht entdeckt -„Ihre Papiere, Sir, und keine schnellen Bewegungen…“--- umkreist in dieser schwäbisch-bayrischen Szene wurde hier die soeben gestoppte Fireblade.
„Sie wissen, warum wir Sie o’ghoiten ham?“ Zumindest die VFR-Fahrerin war sich da noch nicht so sicher, der Fireblader dafür schon.
Der Beamte, der sich gerade vorgestellt hatte, blieb am Hinterteil der Fireblade stehen und sah den Fireblade-Fahrer mit diesem Ich-frag-Dich-und-Du-sagst-mir-brav-Dein-Vergehen-Blick an.
„Was fehlt an diesem Motorrad?“ fragte er betont streng. Mein Freund, der Fireblader, antwortete zunächst nicht, ihm war schon längst klar, was jetzt kam und sein Blick wanderte ahnungsvoll nach unten: „Jaja, Ihre Blickrichtung is scho richtig! Genau da fehlt was, ge?“
Die Flöte! Besser gesagt, die nicht vorhandene Flöte. Die vom Fireblade-Liebhaber aus klang-ästhetischen Beweggründen entfernte Flöte. Klar, das war es also. Und jetzt?
„Des Pfeifel fehlt, ohne Pfeifel ist der Auspuff schadhaft. Sie fahren also ein Motorrad mit einem schadhaften Auspuff!“ führte der Beamte seine logische Schlussfolgerungen aus.
„Normal hab ich se hier immer drin. Wir fahren doch über Österreich und da ist das nicht so das Problem. Und es hört sich halt besser an ohne…!“ fing der Fireblade-Fahrer eine Erklärung an.
„Ach so, es hört sich besser an!“ wiederholte der Beamte sofort ironisch. Trotzdem konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass er im tiefsten Innern haargenau der gleichen Meinung war. Auch ein Beamter der Münchner Autobahnpolizei kann ja durchaus ein Genießer sein.
„I glaubs net, da fehlt sie auch!!!“ kam es plötzlich von hinten. Alles drehte sich um: Der zweite Beamte hatte unbemerkt mein Motorrad umrundet, während wir noch bei der fehlenden Flöte der Fireblade waren.
„Was, bei der VFR auch!!?!“
So, nun hatten wir es also komplett. Zwei Motorräder mit ohne Flöte und zwei ertappte Geräuschfreaks. Also sprach die Staatsgewalt in Person von POW Katz: „San Sie auf dem Weg in den Urlaub?“ Kopfnicken beider Delinquenten. „Dann wissens auch, dass Ihr Urlaub jetzt und hier beendet ist? Ich ruf jetzt den Abschlepper, der lädt Ihre Maschinen auf und transportiert sie ab. Sie können sie dann irgendwann abholen, das Ganze kostet rund 300 Euro.“
Wir sahen uns an. Ein bisschen hatte ich ja das Gefühl, dass er den sich ausbreitenden Schrecken genoss. Learning by suffering sozusagen. Und musste der andere nicht sogar ein Grinsen unterdrücken?
Meine Gedanken waren: Urlaub im Eimer, 300 Euro weg, vor allem: Wie kommen wir heim?
„Was wäre denn“ meldete sich vorsichtig mein Freund zu Wort, „was wäre denn, wenn ich die Flöten dabei hätte...?“
„Was??!? Sie haben’s dabei?“ Der erste Beamte riß die Augen auf. „Das ist ja dann sogar Vorsatz!“ Gespannte Stille. Wir sahen uns an: Wie sollte es jetzt weitergehen?
Die beiden Beamten gingen zur Seite, besprachen sich kurz und wandten sich dann wieder an uns: „Wir machen jetzt Folgendes: Sie erhalten eine Verwarnung wegen des schadhaften Auspuffs. Sie bauen die Flöten ein. Dann werde ich mich vom einwandfreien Funktionieren überzeugen und eine Testfahrt mit der Fireblade machen. Und dann schauens, dass Sie sofort weiterkommen. Lassens sich ja nicht noch mal von uns erwischen. Treffen wir Sie noch mal heute, ist es aus. Sind Sie damit einverstanden?“ Ja aber selbstverständlich!
Um es kurz zu machen: Da der Auspuff an beiden Maschinen für den Einbau der Flöten natürlich noch viel zu heiß war, wurde die angekündigte Testfahrt zeitlich etwas „vorverlegt“. Mit dem zweiten Beamten blieben wir am Strassenrand zurück und hörten die Fireblade unter POW Katz auf der nahen Autobahn davonbrüllen. Wenig später verabschiedeten sich die Beamten.
So konnten wir unsere Reise doch noch fortsetzen. Und die Verwarnung haben wir direkt gerne akzeptiert.
 

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Danke an Honda Motor Europe (North) GmbH!

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